Sonntag, 25. November 2018

Eine Tochter und die Alkoholsucht der Eltern

Ich begrüße dich recht herzlich und hoffe es geht dir gut.
Ich hatte gestern ein sehr angenehmes Gespräch mit einer jungen Frau, die mir ihre ganz eigene Geschichte erzählte und ihre Erfahrungen mit mir teilte. Ich sah den Schmerz in ihren Augen während sie meine Fragen beantwortete und ich fühlte mich in dem Moment so, als würde sie mir aus der Seele sprechen.

Sie gab mir ihr Einverständnis ihre Antworten auf meinem Blog zu veröffentlichen. Der Name wurde geändert um Anonymität zu waren.







Kurzes zu ihrer Vorgeschichte:

Sie heißt Valli und ist 29 Jahre alt. Sie leidet unter der Alkoholsucht ihrer Mutter seit sie denken kann. Die Schäden, die dadurch entstanden sind, trägt sie bis heute mit sich, auch wenn sie nicht immer präsent sind. Durch unser Interview holten sie Erinnerungen ein, welche sie lieber verdrängt. Doch es war ihr wichtig, genauso wie mir, dass sie das ausspricht, was viele Betroffene empfinden.

Susi: 
Hallo Valli, ich freue mich, dass du hier bist und dass du bereit bist mit mir über dein Leben zu sprechen. Welche Verbindung hast du zur Alkoholsucht?

Valli:
Hallo Lia, meine Mutter trinkt Alkohol seit ich denken kann, eigentlich schon immer. Seit ich geboren bin glaube ich.

Susi:
 Wie verlief dein Leben in kurzen Stichpunkten bis zum heutigen Tag?

Valli
Ich lebte bis ich ungefähr 9 Jahre alt war bei meiner Mutter, zusammen mit meiner größeren Schwester, die ist allerdings in der 2. Klasse zu unserer Oma gezogen. Unsere Eltern haben sich getrennt als ich ca. 4 Jahre alt war.
Mit 10 Jahren zog ich dann zu meinem Vater, da wir ganz viele Probleme zu Hause hatten, Mama trank fast täglich, ich hatte Probleme in der Schule und es ging mir schlecht dort. Bei meinem Vater selbst ging es mir besser, er hat sich immer um mich gekümmert. Ich hatte dort allerdings große Probleme mit meiner Stiefmutter, die beiden hätten sich deswegen fast getrennt. Das wollte ich natürlich nicht und bin deswegen zu meiner Mama zurückgegangen, da war ich 13. Ich hielt es dort nicht lange aus, ständig waren andere Männer in der Wohnung und ich musste ständig Alkohol für meine Mama kaufen, sie hat mir immer einen kleinen Zettel geschrieben für die Verkäuferin, dass ich den Alkohol bekommen darf. Ich wusste mir keinen Ausweg mehr und bin dann freiwillig ins Kinderheim gegangen. Dort fand ich die Familie, die ich immer gesucht habe.

Susi:
hast du dir damals Hilfe gesucht?

Valli
Nein, ich habe alles alleine gemacht, habe meine Mutter sogar öfter ins Krankenhaus gebracht, habe die Ämterwege erledigt und mich um meine Schule gekümmert.

Susi:
das klingt alles sehr furchtbar, wie würdest du heute dein Verhältnis zu deinen Eltern beschreiben?

Valli
Mein Papa ist die wichtigste Person für mich, wir haben uns wieder zusammen gerauft. Meine Mama sehe ich im Jahr vielleicht 3 mal. Öfter telefonieren wir, jedoch ist sie in 8 von 10 Telefonaten so besoffen, dass ich auflegen muss. ich halte sie dann nicht aus.

Susi:
Eine sehr schwere Frage vielleicht, aber was denkst du? Wieso deine Mama Alkohol trinkt?

Valli:
 puh... (überlegt kurz) ich denke es waren bei ihr auch familiäre Probleme, ihr Vater trank damals auch und verstarb daran, sie hatte nie ein gutes Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter, sie ist bei ihrer Oma aufgewachsen, ich denke das hat sie nicht verkraftet.

Susi:
Wie lebt deine Mama heute?

Valli: Sie lebt allein in ihrer Wohnung, kann aber nicht mehr richtig laufen und braucht einen Rollator und sogar schon einen Rollstuhl weil der Alkohol ihre Nerven kaputt gemacht hat. Hin und wieder sind Kumpels bei ihr, die aber ebenfalls Alkoholiker sind.

Susi:
Was glaubst du, lässt dich anders sein als Kinder aus stabilen und gesunden Familien?

Valli:
 Ich spreche viel mit meiner Schwester darüber und wir beide sind uns ziemlich sicher, dass wir anders sind. Ich habe einen großen Drang nach Harmonie, wenn ich mich streite, dann bin ich sehr schnell sehr traurig, möchte, dass wir uns wieder vertragen und alles wieder gut ist. Ich war auch lange Co-abhängig, damals bei meiner Mutter, und bei meinem Ex-Freund auch. Alle nannten es immer Vallis Helfersyndrom.

Susi: 
was war mit deinem Ex-Freund?

Valli:
 er war bzw. ist Drogenabhängig, ich hab ihm immer geholfen und bin dabei selbst strafffällig geworden weil ich ihn in meiner Wohnung vor der Polizei verstecken wollte. Zum Glück bin ich davon weggekommen. Ich hab ihn damals im Heim kennengelernt und ich habe mich sofort zu ihm hingezogen gefühlt. Aus heutiger Sicht total krank.

Susi:
 Valli, was würdest du einem 16. jährigen Teenager sagen, dessen Eltern Alkoholsüchtig sind und er darunter leidet?

Valli: Er sollte an sich glauben, sich nicht unterkriegen lassen, seine Eltern nicht als Vorbild nehmen und es besser machen. Sich Freunden anvertrauen. Seine eigenen kleinen Ziele setzen und diese umsetzen.

Susi: 
Eine abschließende Frage noch zum Schluss, sie steht vielleicht nicht für das Thema Alkohol, jedoch sagt deine Antwort unglaublich viel über dich aus. Welches Tier wärst du gern und warum?

Valli:
(lacht kurz, schaut verdutzt und überlegt dann) Ich wäre gern ein Pandabär, die sehen niedlich aus, wirken immer entspannt, aber wie alle Bären können sie gefährlich sein und haben viel Kraft. 

Vielen Dank für deine Offenheit liebe Valli. Wir werden auf jeden Fall in Kontakt bleiben und über noch ganz viele Dinge sprechen.

Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Kannst du dich mit Valli identifizieren? Ich freue mich, wenn du den Weg zu mir findest und wir Erfahrungen austauschen und darüber sprechen.

Bis dahin,

Eure Susi



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